Liebe Leser,
die Taktik, bereits morgens um 7:00 Uhr aufzubrechen, hat sich bewährt. Um
diese Zeit gehen die meisten ihren Geschäften nach, die Kinder gehen (fast
alle) zur Schule. Die Aufdringlichkeit hält sich in Grenzen.
Ab mittags nimmt diese dann zu, meist noch im positiven Sinn, mit
vermeintlichen Hilfsangeboten, aber auch einer intensiven Ausfragerei - immer in der
Hoffnung auf Backschisch oder Rauschgiftverkauf (want some smoke...)
Ab 16:00 Uhr wirds dann meist gefährlich. Außer im Trubel von Basaren
beginnen sofort die in der letzten Mail beschriebenen Einkesselungsversuche. Ich
kann dann höchstens noch zu festen Geschäften huschen, besser noch schnell
mit dem Fahrrad fahren.
Das Land ist aber so schön, dass ich mich durch die Aufdringlichkeit seiner
Menschen noch nicht habe abschrecken lassen. Die Rundfahrt zum Cap Spartel
am Alantik erlaubt einen wunderbaren Blick über die weite Küste, die ab und
zu von Felsnasen unterbrochen ist. In einer dieser Felsnasen sind die
"Grotten des Hercules" eingegraben. Diese sind zum Meer hin offen, sodass
die Brandung hineintost. Natürlich ist auch in diesen Höhlen ein Verkaufsbasar
eingerichtet...
Flughafen und Bahnhof von Tanger liegen beide weit außerhalb der Stadt (und
es gibt natürlich keine Busverbindung, damit auch die Taxifahrer
verdienen). Überhaupt übernehmen die Taxifahrer oft Busfunktion, indem verschiedene
Fahrgastgruppen in derselben Richtung zusammen einsteigen und unterwegs dann an
verschiedenen Stellen aussteigen. Dabei sitzen bis zu 6 Personen + Fahrer in
enem alten Diesel-Mercedes.
Immerhin gibt es noch 4 Fernverbindungen pro Tag mit der Bahn von Tanger
aus. Diese könnte ich nutzen, wenn ich unterwegs meine Tour nach Rabat doch
noch abbrechen muss...
Heute bin ich frühmorgens von Tanger aus Richtung Süden gestartet. Die
Hauptstraße nach Rabat ist in Tanger zwar vierspurig und sehr belebt, verliert
aber mit zunehmendem Abstand von der Stadt an Verkehr. Sie führt über weite
Strecken direkt an einer menschenleeren Küste entlang, mit Sanddünen zur
Straße hin. Hotelprojekte nd Appartmenthäuser sind zwar geplant, bisher aber
noch nirgends verwirklicht.
Zum Teil führen die Flüsse aus dem Rif jetzt noch Wasser (ach ja, gestern
nacht hat es heftig geregnet und der Himmel ist tagsüber bedeckt. Die
Temperaturen sind durchaus nicht afrikanisch...).
Asilah, die erste Stadt an der Straße, habe ich bereits um 11:00 Uhr
erreicht und mich dort sofort in den Schutz eines Hotelzimmers geflüchtet (für 80
Derham = 16 DM). Der nachmittägliche Spaziergang durch die wunderschöne,
vollständig erhaltene Altstadt wird allerdings schon wieder von aufdringlichen
Schwätzern und Verfolgern begleitet. Der Schutz eines Internet-Cafes ist da
sehr willkommen (8 Derham pro Stunde...).
Viele Grüße aus einem schönen Land mit leider sehr aufdringlichen
Menschen
Joachim Heidinger
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